Die Weltmaschine des Franz Gsellmann

In einem kleinen Bauernhof in der oststeirischen Gemeinde Edelsbach bei Feldbach schuf der Bauer Franz Gsellmann ein naiv-surrealistisches Kunstwerk. Der Ausdruck „Weltmaschine“ stammt nicht vom Erbauer und ist ein Behelfsname, da ein Zweck des sinnlos-schönen Mechanismus nicht erkennbar ist. Auch Gsellmann selbst antwortete auf solche Fragen ausweichend. Man kann die Maschine daher als künstlerische Installation bzw. Kinetische Kunst interpretieren.
Gsellmann wollte als Jugendlicher Elektriker werden. Der Berufswunsch ging aber nicht in Erfüllung, da der Bauernsohn den väterlichen Hof übernehmen musste. Dennoch war Gsellmann zeitlebens von Maschinen fasziniert. Sein Schlüsselerlebnis war der Bericht einer Lokalzeitung über die Weltausstellung 1958 in Brüssel, bei der das Atomium eröffnet wurde. Er reiste nach Belgien und zeichnete diese 110 Meter hohe Metallplastik eines Eisenkristalls nach. „Wie ich das Atomium gesehen habe, habe ich im Traum meine fertige Maschine gesehen. Das Atomium war das Fundament für meine Weltmaschine.“
Von da an arbeitete Gsellmann dreiundzwanzig Jahre bis kurz vor seinem Tod an der Maschine. Nahezu täglich zog er sich in sein verschlossenes und verhangenes Arbeitszimmer zur Arbeit an der Maschine zurück, die er erst nach acht Jahren Bauzeit das erste Mal den Familienangehörigen präsentierte. Die Teile seiner Maschine fand er meist auf Gebrauchtwarenmärkten oder Schrottplätzen. Er wurde oft von seinen Nachbarn beobachtet, wie er neue Funde mit der Scheibtruhe oder dem Ochsengespann heimbrachte.
Gsellmann litt sehr darunter, dass sein Lebenswerk zu Lebzeiten weder von der eigenen Familie noch von den Menschen der Region anerkannt wurde. Dabei sind die Werke Jean Tinguelys, eines bekannten Bildhauers des "Nouveau Réalisme" beinahe zur gleichen Zeit und aus ähnlichen Materialien entstanden. Sie unterscheiden sich – so der Schriftsteller Gerhard Roth – nur in der ironischen Distanzhaltung voneinander, die der Schweizer Tinguely zeige und die dem Franz Gsellmann nicht zu eigen sei. Als gottesfürchtiger und bescheidener Mensch schrieb Franz Gsellmann die Verwirklichung seines Traums alleine seinem Gott zu.
(GKH, zuletzt: 3. Mai 2023)

Um die Bilder groß zu sehen, einfach draufklicken!