Das Ernst Fuchs Museum (Wien)

Phantastischer Realismus - vernachlässigt?

Das Ernst Fuchs Museum befindet sich in der von Otto Wagner 1888 als Fami­lien­sitz erbauten Prunkvilla in Wien-Hütteldorf. Die Villa war nach ihrer Fertigstellung ein Treffpunkt der eleganten Wiener Gesell­schaft. Künstler wie Gustav Klimt, der Wagner-Schüler Josef Hoffmann, Adolf Loos, Gustav Mahler, Alma Mahler-Werfel und viele andere gingen hier aus und ein.
1912 ging das Jugendstil-Juwel dann in den Besitz von Ben Tiber über, dem Direktor des Apollo-Theaters und der Ronacher-Revue. Er veranstaltete in der Villa eben­falls legendäre Feste. Auf der Flucht vor den Nazionalsozialisten emigrierte Ben Tiber Mitte der 30-er Jahre ins Ausland. Die Villa wurde ent­eig­net. Während des zwei­ten Weltkrieges wurde sie zu einer Büro-Zentrale für Baldur von Schierach umfunktioniert. Die Freizeit-Aktivitäten der Hitler­jugend wurden vor hier aus organi­siert.
Nach Ende des zweiten Weltkrieges wurde die Otto Wagner Villa zum Speku­lations­objekt. Sie sollte abgerissen werden, als sie von Ernst Fuchs gekauft und nach seinen baulichen und künstlerischen Vor­stel­lun­gen restauriert wurde. Der Künstler sah es als höchste Erfüllung sich in der Gestal­tung eines solch eindrucksvollen Gebäudes zu verwirklichen. 1988 wurde das Haus auf seinen Wunsch hin der Öffenlichkeit zu­gäng­lich gemacht. Nach der Eröffnung seines Museum lebte und arbeitete Ernst Fuch dann bis zu seinem Tod im Jahre 2015 in Monte Carlo.
Seither scheint das Haus ein wenig in Vergessenheit geraten zu sein. Jedenfalls kam uns das bei unserem Besuch so vor. Die Bausubstanz bröselt an manchen Stel­len milde vor sich hin, der riesige Park ist nur an der Straßenfront gepflegt, weiter hinten herrscht Wildnis; und die Um­zäun­ung ist im hinten Teil des Parks an vie­len Stellen niedergetreten und läd Van­dalen ge­rade­zu ein. Wir hatten den Ein­druck, daß sich keiner mehr so recht um das Ernst Fuchs Museum kümmert. Viel­leicht hängt das damit zusammen, daß Ernst Fuch vier Mal verheiratet war und 16 Kinder mit 7 verschiedenen Frauen hatte. Die Erbfolge, und damit die Verantwortung für das Museum, kann wohl nicht ganz ein­fach sein.
Wie dem auch sei - Villa und Park sind ein wahres Gesamtkunstwerk. Jedes Detail atmet den Geist des Künstlers - von der Tür­schnalle bis zu den Tapeten, von be­mal­ten und geschnitzten Möbeln bis zu den Skulpturen und kostbaren Graphiken in der kleinen Galerie. Die Symbiose von Otto Wagner und Ernst Fuchs mag man mögen oder nicht - sie ist jedenfalls einzigartig und von mystischer Sinnlichkeit durch­drun­gen.
So einizgartig und prachtvoll das Ernst Fuchs Museum in der ehemaligen Otto Wagner Villa auch sein mag - wir konnten uns des Eindrucks nicht erwehren, daß sie heute vor allem unter monitären Ge­sichts­punk­ten geleitet wird. Die drei großen, prunkvollen Salons werden als "event locations" angepriesen. Man veranstaltet Gala-Diners bei Kerzenlicht, Cocktail und Sektempfänge, Buffets, und natürlich Hochzeiten (inklusive Standesamtlicher Trauung).
Noch eine Nebenbemerkung: Unmittelbar neben dem prunkvollen Ernst Fuchs Mu­seum rottet eine weitere Otto-Wagner Villa still vor sich hin. Fenster sind zer­bro­chen, Türen her­aus­ge­rissen, der Garten über­wuchert. Wer immer auch dafür verant­wort­lich ist - es ist ein einziger Skandal, wie hier kultu­relles Erbe mit Füßen ge­treten wird!
(Author: GKH, 7. November 2020)
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